Steuerfalle Gütertrennung?
Mögliche Nachteile bei der Erbschaftsteuer und wie man sie vermeidet
In der Praxis werden Eheverträge aus den verschiedensten Gründen abgeschlossen. Hauptgrund ist die Vorsorge im Scheidungsfall. Jeder der Ehepartner soll sein Vermögen im Scheidungsfall ungeschmälert behalten können. Häufiges Motiv ist jedoch auch eine angebliche Haftungstrennung. Der unternehmerisch tätige Ehepartner will seinen Partner davor bewahren, für etwaige Schulden zu haften. Das mag ein lobenswertes Motiv sein, trifft jedoch nicht zu. Die Ehe begründet keine Haftung des einen Ehepartners für die Schulden des anderen. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft kennzeichnet sich gerade durch eine Vermögenstrennung während der Ehe aus, jeder der Ehepartner hat und behält sein Vermögen und seine Schulden, erst im Scheidungsfall findet der Zugewinnausgleich statt.
Wird nun ein Ehevertrag geschlossen (hierzu ist notarielle Beurkundung erforderlich) und vereinbaren die Eheleute die reine Gütertrennung, so erweist sich dies später oft als nachteilig bei der Erbschaftsteuer. Während im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft die Zugewinnausgleichsforderung im Falle der Beendigung des Güterstandes durch Tod nicht der Erbschaftsteuer unterliegt, findet bei der Gütertrennung gerade kein Zugewinnausgleich statt, sodass grundsätzlich das gesamte Vermögen der Erbschaftsteuer unterliegt.
Dazu ein Beispiel: Die Ehefrau erbt von ihrem Ehemann Vermögen im Verkehrs- und Erbschaftsteuerwert in Höhe von 1.000.000 €; sie selbst soll eigenes Vermögen in Höhe von 100.000 € haben; bei Eingehung der Ehe war das Anfangsvermögen beider Ehepartner 0 €.
Hätten die Ehepartner im Beispielsfall ehevertraglich den Güterstand der Gütertrennung vereinbart, ergäbe sich (vereinfacht, ohne Berücksichtigung etwaiger Steuerbefreiungen und sonstiger Freibeträge) folgende Berechnung der Erbschaftsteuer:
| Nachlasswert | 1.000.000 € |
| Ehegattenfreibetrag | ./. 500.000 € |
| steuerpflichtiger Erwerb | 500.000 € |
| Steuersatz | 15 % |
| Erbschaftsteuer | 75.000 € |
Hätten es die Ehepartner hingegen bei dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft belassen, ergäbe sich folgende Rechnung:
Zunächst ist der fiktive Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau zu errechnen. Der Ehemann hat einen Zugewinn in Höhe von 1.000.000 €, die Ehefrau einen Zugewinn in Höhe von 100.000 € erwirtschaftet. Der Zugewinn des Ehemannes übersteigt den Zugewinn der Ehefrau um 900.000 €, woraus sich ein fiktiver Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte, also 450.000 €, ergibt. Die Berechnung der Erbschaftsteuer stellt sich sodann wie folgt dar:
| Nachlasswert | 1.000.000 € |
| Zugewinnausgleichsanspruch | ./. 450.000 € |
| Ehegattenfreibetrag | ./. 500.000 € |
| steuerpflichtiger Erwerb | 50.000 € |
| Steuersatz | 7 % |
| Erbschaftsteuer | 3.500 € |
Durch die Wahl des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft statt Gütertrennung ergibt sich hier eine Steuerersparnis in Höhe von 71.500 €.
Aber nicht nur im Erbfall zwischen den Ehepartnern, sondern auch bei der vorweggenommenen Erbfolge und bei einer testamentarischen Gestaltung kann sich der Güterstand der Gütertrennung als steuerlich nachteilig erweisen. Hat sich das Vermögen der Ehepartner einseitig bei einem Ehepartner konzentriert, so ist nur dieser in der Lage, unter Nutzung der Freibeträge der Kinder (je Kind 400.000 €) steuergünstig Vermögen zu übertragen. Die Freibeträge nach dem anderen Ehepartner können nicht genutzt werden. Jedes Kind hat in Bezug auf beide Elternteile eigenständig den genannten Freibetrag. Leben die Ehepartner im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, könnte durch notariellen Ehevertrag in die Gütertrennung gewechselt werden („Hinschaukeln“ der sog. Güterstandsschaukel). Die dadurch entstehende Zugewinnausgleichsforderung ist schenkungsteuerfrei, sodass mit dem Güterstandswechsel Vermögen auf den anderen Ehepartner übertragen werden kann. Der den Zugewinnausgleich erhaltende Ehepartner kann das erhaltene Vermögen dann an die Kinder unter Nutzung der eigenen Freibeträge übertragen. Somit können die Freibeträge der Kinder nach beiden Ehepartnern genutzt werden.
Da die reine Gütertrennung mit vielfältigen Nachteilen verbunden ist, empfiehlt es sich, allein für den Scheidungsfall Gütertrennung zu vereinbaren und für alle anderen Fälle der Beendigung des Güterstandes (Tod, vertraglicher Güterstandswechsel) es bei der Zugewinngemeinschaft zu belassen. Durch diese Kombination kann Vorsorge im Scheidungsfall getroffen werden, ohne auf die erbschaftsteuerlichen Vorteile der Zugewinngemeinschaft zu verzichten.
Besteht bereits ein Ehevertrag, der die reine Gütertrennung vorsieht, und drohen hierdurch steuerliche Nachteile, ist zu prüfen, ob diese Nachteile durch Gestaltungen behoben oder zumindest abgemildert werden können. Schlicht einen neuen Ehevertrag abzuschließen, ist meist nicht zielführend, denn steuerlich wird in einem solchen Fall allein auf den Zugewinn abgestellt, der nach dem Abschluss des neuen Ehevertrages entstanden ist. Der bis dahin bereits entstandene Zugewinn wird bei der Beendigung des Güterstandes durch Tod nicht erfasst. Insoweit kann ein doppelter Güterstandswechsel die richtige Gestaltung sein.
Autor
Gerhard Slabon, Paderborn
Rechtsanwalt und Notar / Steuerberater / Fachanwalt für Erbrecht
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